Mittwoch, 16. Oktober 2013

Mein systemkritischer Kunstfilm

Ach Scheisse. Ich wollte etwas darüber schreiben, wie man gebrochen wird. Wie man seine Träume aufgibt und sich verkauft. Wie man zur Hure des Systems wird. Wie man sich vom langhaarigen Rebellen zum schlipstragenden Yuppie wandelt. Aber das war zu gekünstelt und nichtssagend. Ich konnte nicht einfangen, was ich meinte. Also habe ich das Geschreibsel wieder gelöscht. Vielleicht könnte ein Gedicht meine Überlegungen besser ausdrücken, aber das hatten wir gerade erst.

Am besten wäre ein Bild. Ich müsste versuchen eine Fotografie zu machen, die zeigt was ich meine. Etwas visuell Poetisches. Zum Beispiel… Was weiss ich… Eine Blume, die im Schatten einer Fabrik am welken ist. Allerdings wäre dies unlogisch, da die Fabrik nicht plötzlich da steht. Es müsste eher die Baustelle einer Fabrik sein, die der Blume vor der Sonne steht. Das könnte aber das gegenteilige Bild vermitteln: Die Blume, die trotz der Baustelle einigermassen überlebt. Das wäre falsch. Wie wär das: Ein toter Fisch der im Gewässer treibt, im Hintergrund sieht man das Abwasserrohr einer Fabrik. Nein, auch nicht. Zu sehr Klische. Zu sehr Greenpeace.

Vielleicht würde es funktionieren, wenn man den Menschen ins Zentrum rücken würde. Ein faltiger Mann mit tiefen Rändern unter den Augen, der in einer Kneipe sitzt. Sein Schlips ist gelockert, der oberste Hemdknopf ist offen, das Haar zerzaust. Er sieht heruntergekämpft aus, nippt an einem Drink. Nahe dran! Sagt viel aus, aber doch zu wenig. Okay, vielleicht müsste ich einen Kurzfilm drehen, dann könnte ich diese Szene erweitern und noch mehr zeigen. Zum Beispiel ein Indiz auf die Träume des Mannes. Er könnte seinen Drink auf die Theke stellen, seinen Aktenkoffer öffnen und das Manuskript eines Romans hervorholen. Dann ein schneller Schnitt und hektische Szenen aus seinem Arbeitsalltag. Meeting. Telefonate. Zusammenschiss vom Chef. Deadline. Vorgaben. Leistungsdruck. Schnitt zurück auf den Mann. Er lässt resigniert den Kopf sinken, verstaut das Manuskript wieder im Aktenkoffer und bestellt sich noch einen Drink. 

Das hat was, aber dazu fehlen mir die Ressourcen und die Fertigkeiten. Keine Kamera, keinen Schauspieler, keine Filmerfahrung. Nicht dass ich vor hätte einen verfluchten Kunstfilm zu drehen oder so. Nein, ich möchte nur gerne etwas beschreiben, was schwierig zu beschreiben ist. Das, was ich anfänglich zu beschreiben versuchte, was allerdings der letzte Kack war. Dieses pseudo Systemkritische. Nein, das ist zu platt und kann die Nuancen nicht einfangen, die man zeigen müsste um es gut zu machen. Ich weiss, was ihr denkt. Wenn der Sack anständig schreiben könnte, dann hätte er das hingekriegt. Aber so einfach ist es nicht. Manchmal ist es besser, wenn etwas ohne Worte passiert. Heute gibt es also keinen guten Eintrag, kein Bild und schon gar keinen Kunstfilm. Vielleicht morgen.

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