Freitag, 9. Dezember 2016

Intellektuelle Eitelkeit und die Vollpfostenerkenntis



Der Nachteil, wenn man sich mit altem Wissen und grossen Denkern befasst besteht darin, dass man oftmals überholte Positionen betrachtet. Im Falle der Philosophen kann dies dazu führen, dass man sich in Probleme oder in Lösungsansätze hineindenkt, die längst gelöst oder widerlegt sind. Diese Problematik besteht, wenn man sich beispielsweise mit dem Leib-Seele-Problem, resp. dem Dualismus befasst und die Positionen dazu als einleuchtend erachtet, sich aber noch nicht mit moderneren Konzepten wie dem Materialismus befasst.
Der Vorteil bei dieser Auseinandersetzung besteht aber im Entwickeln der Position, die sich über Jahrhunderte und durch viele brillante Philosophen hinweg entwickelt hat. Man verfolgt quasi im Zeitraffer die Evolution einer Idee, was zu einem tieferen Verständnis der Problemstellung führt. Es bleibt aber die Skepsis gegenüber solchen Konzepten. Einerseits weil sie abstrakt wirken und nur mit Mühe auf die reale Welt anwendbar sind, andererseits weil sich so viele Menschen bereits geirrt haben (sprich widerlegt worden sind), die deutlich klüger waren als der Durchschnittsmensch (also ich). Wenn sich die klügsten Köpfe fortlaufend im Irrtum befunden haben, wie soll ich dann je hoffen dürfen, auf Erkenntnisse zu stossen die a.) Korrekt sind und b.) Nicht bereits hundertfach erkannt wurden. Für a.) fehlt mir sowohl die formale Methodik, sowie das intellektuelle Rüstzeug um ganz vorne mitzuspielen und für b.) das Wissen, was bereits bekannt ist und was nicht, was natürlich auch mit a.) zusammenhängt. Vielleicht geht es in der menschlichen Natur aber weniger um korrekte und originelle Erkenntnisse, sondern um den individuellen Prozess des Verstehens und um das Auseinandersetzen mit Themen, die über die Banalität des Alltags hinausreichen. Die Kunst liegt aber darin, dass man versucht ein tieferes Verständnis der Dinge zu erlangen, ohne ein pseudointellektueller Snob zu werden. Wenn man sich aus Eitelkeit mit einer Materie beschäftigt, dann werden die gewonnenen Einsichten und die damit verbundene Weiterentwicklung zum Nebeneffekt. Aus diesem Grunde finde ich es wichtig, dass man sich immer wieder in Erinnerung ruft, dass man eigentlich ein dämlicher Vollpfosten ist. Bloss ein paar Prozent der Menschen sind wirklich clever. Mal angenommen, man ist klüger als 80 – 90 % der Menschheit – dann ist man immer noch ein Vollpfosten verglichen mit einem Freud, einem Nietzsche oder einem Einstein. Anders gesagt: Du hattest in der Grundschule Blockflötenunterricht und kannst damit etwas, was vielleicht nur einer aus zehn kann. Du kannst Notenlesen, du hast einigermassen ein Verständnis von Harmonie und Rhythmus etc. Trotzdem bist du – verglichen mit Mozart – ein absoluter Einzeller (aufs musikalische bezogen). Also: Sich mit komplexen Themen befassen ist wichtig und richtig und man sollte sich dabei nicht zu klein vorkommen, aber man sollte sich auch nichts darauf einbilden. Am Ende des Tages ist jeder von uns ein Vollpfosten, bloss die Gründe weshalb sind unterschiedlich.

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